Samstag, 24. Januar 2009
 
Das irische NEIN zum Vertrag von Lissabon PDF Drucken E-Mail
Geschrieben von Mikael Böök   
Montag, 16. Juni 2008

Ich habe sie für begeisterte Europäer gehalten – aber sie haben gegen den Lissaboner Vertrag gestimmt.

Mit ihren Nein-Stimmen wollten die Anhänger der nationalistischen Sinn Féin Irlands Unabhängigkeit und Neutralität verteidigen. Konservative Katholiken befürchteten, dass der Lissaboner Vertrag das verfassungsrechtlich garantierte Abtreibungsverbot kippen würde. Die Mehrheit der Arbeiter, Bauern und Leute aus der Mittelschicht haben gefühlt, dass sie nichts zu gewinnen haben, aber sehr wohl etwas zu verlieren, wenn sie mit JA gestimmt hätten. Die Iren sagten NEIN zu der Art von Entwicklung, Liberalisierung und Modernisierung, für die die EU steht.

Ja, der Hauptgrund für das NEIN in Irland und vorher in Frankreich und Holland liegt darin, dass der Vertrag von Lissabon (wie sein Vorläufer, der Verfassungsentwurf des Europäischen Konvents) nichts ändert; er führt lediglich die gegenwärtigen katastrophalen wirtschaftlichen und politischen Trends fort.


Interessanterweise hat Irland keine politische Partei der extremen Rechten, wie sie von Le Pens „Front national“ in Frankreich verkörpert wird oder von Jörg Haiders Freiheitlicher Partei Österreichs. Sinn Féin konnte bei den letzten Parlamentswahlen 7% der Stimmen auf sich vereinen und führte jetzt eine aktive Kampagne, gegen den Vertrag von Lissabon zu stimmen. Die Partei ist natürlich nationalistisch, aber sie ist nicht xenophob. Die ökonomischen Forderungen der Partei, betreffend z.B. Steuerpolitik, sind sogar links.
(Quelle: Eoin O'Malley: Why is there no radical right party in Ireland? Working Papers in International Studies. Centre for International Studies. Dublin City University. 2008)


Sinn Féin verlangt auch die Schließung des Kraftwerks Sellafield. Ob aus Angst oder wegen tatsächlicher Verseuchung des irischen Wassers oder aus Prinzip als Teil der globalen Opposition gegen Nuklearenergie, ist dem Autor momentan nicht bekannt.


Irland ist die Ausnahme, die die Regel bestätigt: Die EU ist heute nicht ein Zusammenschluss von Staaten, über dessen Regeln und Verhandlungs-Gegenstände die Bürger bestimmen, sondern ein Projekt, das ihnen aufgezwungen wird.


Wie auch immer, die gegenwärtige Situation haben wir teilweise selbst mitverschuldet: Die EU wäre nicht, was sie in der gegenwärtigen Form ist, wenn ihre Bürger schon früher in europäischen Kategorien gedacht und gehandelt hätten, anstatt in den üblichen gewohnten nationalen und nationalistischen Schienen zu bleiben.


Unsere vorrangige strategische Forderung als EU-Bürger sollte ein Verbot von Massen- vernichtungswaffen sein. Eine europäische Verfassung sollte nukleare, chemische und biologische Waffen ächten.


Der Vertrag von Lissabon spricht sich nicht klar dagegen aus. Also verfolgen die Regierungen von Frankreich und Großbritannien weiterhin die Modernisierung ihrer Waffenarsenale und die EU bleibt weiterhin den Kriegsplänen der NATO verpflichtet, einschließlich der Errichtung von Militärbasen, vorbeugenden Erstschlägen und der Militarisierung des Weltraums.


Noch immer ist die EU dem Euratom Vertrag von 1957 verpflichtet, der den Ausbau und die Nutzung von Nuklearenergie für alle Mitglieder verlangt.
(http://de.wikipedia.org/wiki/Europaeische_Atomgemeinschaft)


Die EU benötigt eine neue EURATOM, die für die Zukunft einen geordneten und sicheren Abbau der bestehenden Atomkraftwerke garantiert.

Aus den angeführten Gründen und der offensichtlich kapitalistischen Tendenz des Vertrags von Lissabon hätte ich – falls ich die Chance gehabt hätte – mit NEIN votiert.

Übersetzung: Eva Kumar

Von Mikael Böök
Isnäs, Finland
http://blog.spinellisfootsteps.info/

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